Rezension 286

“Noch wach?” von Benjamin von Stuckrad-Barre

Worum geht es?

“Berlin: Eine junge Frau erzählt von ihrem neuen Job bei einem großen Fernsehsender, von ihrem neuen Chef, ihrem neuen Leben. Sie wirkt glücklich, beseelt, hoffnungsfroh, es klingt gut. Zu gut?

In Los Angeles geht derweil eine Welt unter. Ein Mann, der damit prahlt, als Berühmtheit könne man sich gegenüber Frauen alles herausnehmen, wird Präsident der Vereinigten Staaten. Im Garten des legendären „Chateau Marmont“, diesem Nachtspielplatz verwöhnter Hollywood Kids jeden Alters, vertreibt sich eine illustre Bande auf der Flucht vor der Realität die Zeit. Auch der Erzähler ist hier – und Rose McGowan, die Schauspielerin, der man nachsagt, neuerdings irgendwie anstrengend geworden zu sein.

Kurz darauf erschüttert der Weinstein-Skandal Hollywood, und Rose McGowan ist eine der ersten Frauen, die sexuelle Belästigung durch den bis dahin von ganz Hollywood hofierten Filmproduzenten öffentlich gemacht hat. Rose verschwindet, aber sie hinterlässt dem Erzähler eine kryptische Nachricht – oder ist es vielmehr ein Auftrag? Wieso wendet sie sich ausgerechnet an ihn?

Von Hollywood aus verbreitet sich die #MeToo-Bewegung um die ganze Welt. Doch die alten Machtstrukturen sind widerständiger, als man in der ersten Euphorie vielleicht denken mochte.

Zurück in Berlin findet sich der Erzähler nicht mehr nur als Liegestuhlbeobachter, sondern nun als Akteur mitten in einem unübersichtlichen Geschehen wieder, das ihn in einen tiefen persönlichen Konflikt stürzt.”

( Quelle KiWi Verlag )

Meine Meinung:

Auf dieses Buch war ich sehr gespannt! Ich habe es beim Verlag angefragt, noch ehe ich wusste, mit welch brisanter Geschichte es in Verbindung gebracht wird. Ehrlich gesagt, wusste ich gar nicht genau, um was es in dem Buch geht! Ich wollte einfach nur mal wieder einen guten Stuckrad-Barre lesen…

Mein letztes Buch von “Stucki” war das Buch “Alle sind so ernst geworden”, welches von ihm und Martin Suter stammt. Dieses Buch hat mir sehr gut gefallen, von daher dachte ich, “Noch wach?” wird genauso beschwingt!

Aber ich tat mich, gerade zu Beginn, sehr, sehr schwer 🙁 Ich mag an Benjamin von Stuckrad-Barre, dass er so unkonventionell ist und schreibt, aber seine Art zu schreiben war dieses Mal so anstrengend zu lesen, die Fülle an selbsternannten Nomen und Adjektiven, die ich an und für sich sehr kreativ finde, war mir einfach zu viel. Hinzu kamen jede Menge Versalien, die mich den Text des Buches geradezu haben SCHREIEN lassen! Das alles ist natürlich KUNST und künstlerische FREIHEIT, aber es hat meinen Lesefluss doch arg eingeschränkt!

Nun denn, aber wie sieht es mit dem INHALT des Buches aus? Auch ich habe dann irgendwann mitbekommen, dass es da bei der BILD einige Vorfälle gab, die denen im Buch “Noch wach?” gleichen und auch von den Gerüchten, das Buch wäre eine ABRECHNUNG mit den Herren Döpfner und Reichelt. Was mache ich jetzt mit solchen Informationen? Wie gehe ich als Leser, als Blogger damit um? … Kurz habe ich tatsächlich mit dem Gedanken gespielt, Benjamin von Stuckrad-Barres Buch AZUBRECHEN. Aber was soll ich als Grund angeben? Ich mach da nicht mit? Ich halte mich daraus? Ist nicht mein Bier? Muss man da diesen Weg wählen? Geht das nicht auch anders?

Und dann habe ich mir den PODCAST von Mona Ameziane mit Stuckrad-Barre angehört! Diese empfand das Interview, das Gespräch mit Stuckrad-Barre genauso ANSTRENGEND wie ich es fand sein Buch zu lesen! Aber nach dem Hören des Podcasts verstand ich Benjamin von Stuckrad-Barre ein wenig besser, konnte mich mehr in sein DENKEN hineinversetzen und machte mich also dran, sein Buch weiter- und zu Ende zu lesen!

Bevor ich jedoch das Buch beendet hatte, fiel mir noch das SPIEGEL-Interview in die Hände. Nachdem ich dieses gelesen hatte, war ich wieder sehr verunsichert! …

Es ist sicherlich niemals gut, sich von externen GEDANKEN und MEINUNGEN beeinflussen und gar verunsichern zu lassen, allerdings stand ich ja jetzt wieder da, wo ich ganz zu Beginn stand: In meinen Augen – und DAS räumt er ja auch für bestimmte Textstellen ein – vermischt der Autor zu viel REALITÄT mit dem FIKTIVEN. Und ich glaube, er kann das am Ende selbst nicht mehr auseinanderhalten! Oder aber, er führt uns alle an der Nase herum! Auch DAS wäre dann ja eine Art von KUNST, oder etwa nicht? Aber das dieser ROMAN nur rein ZUFÄLLIG Ähnlichkeiten mit realen Personen hat, das nimmt man Stuckrad-Barre definitiv nicht ab!

Keine Frage, auf Missbrauchsstände Aufmerksam zu machen ist IMMER richtig und WICHTIG! Und die Missstände wie bei der BILD kamen ja auch ohne das Buch an die Öffentlichkeit! Und so liegt es dann doch nahe, dass diese GESCHICHTE entweder, eine Art RACHEFELDZUG ist oder die psychologische AUFARBEITUNG eines zutiefst traumatisierten Menschen!

Wie auch immer! Das Buch an sich ist nicht schlecht, schwierig zu lesen, anstrengend, die Männer, besonders der ERZÄHLER der Geschichte, stehen mir zu sehr im Vordergrund, wenn man bedenkt, dass laut Stuckrad-Barre eine Frau – Sophia – die Protagonistin des Buches sein soll! Diese bleibt aber eher nicht greifbar! Überhaupt baut man keine wirkliche BEZIEHUNG zu den Figuren in diesem Buch auf, alles bleibt distanziert. Es gibt auch keine echten DIALOGE, wie man es sonst so in Romanen gewohnt ist!…

Die erste Hälfte des Buches ist auch irgendwie nur so ein Geplänkel, dem ich mehr schlecht als recht folgen konnte. Wie gesagt, rein FIKTIV erscheinen dann doch sehr reale Personen wie Rose MCGowan und Elon Musk. Fragezeichen?

In der zweiten Hälfte dreht es sich dann doch mehr um die #METOO-Debatte. Und das ENDE des Buches ist dann tatsächlich irgendwie HERAUSRAGEND, aber nicht so, wie ich mir das erhofft hatte. Irgendwie sind am Ende alle so lost wie am Anfang! Aber gut, dass wir mal drüber GESPROCHEN haben!…

Und jetzt? Nun denn, ich denke, mehr als

3 werden es nicht! Aber es gibt natürlich auch andere Meinungen zu diesem Buch! Vielleicht bin ich auch einfach nur zu DOOF dieses Buch zu verstehen?! So what?

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Über den Autor:

“Benjamin von Stuckrad-Barre, 1975 in Bremen geboren, ist Autor von »Soloalbum«, 1998, »Livealbum«, 1999, »Remix«, 1999, »Blackbox«, 2000, »Transkript«, 2001, »Deutsches Theater«, 2001, »Festwertspeicher der Kontrollgesellschaft – Remix 2«, 2004, »Was.Wir.Wissen«, 2005, »Auch Deutsche unter den Opfern«, 2010, »Panikherz«, 2016, »Nüchtern am Weltnichtrauchertag«, 2016, »Udo Fröhliche«, 2016, »Ich glaub, mir geht’s nicht so gut, ich muss mich mal hinlegen – Remix 3«, 2018 und »Alle sind so ernst geworden« (mit Martin Suter), 2020.”

( Quelle KiWi Verlag )