“Henriette lächelt”

Rezension 317

“Henriette lächelt” von Andrea Heinisch

Worum geht es?

Copyright Picus Verlag

“Henriette bleibt am liebsten zu Hause, während das Leben vor ihrem Fenster stattfindet. Ihre Mutter, die in der Wohnung über ihr lebt, möchte das Leben ihrer fünfzigjährigen Tochter kontrollieren, sie lässt sie nicht in Ruhe, kommentiert jede Essensbestellung, jede Kleiderwahl, die Henriette trifft. Denn Henriette hat 190 Kilo und das dominiert ihre Existenz. Der einzige Lichtblick ist Martin: ihr Arbeitskollege, den sie nur vom Zoom-Bildschirm kennt und der so schöne Augen hat. Henriette verliebt sich in ihn, auch wenn sie sich das selbst nicht zugesteht.
Als sie eines Tages ihre schwangere junge Nachbarin kennenlernt, beginnt Henriette sich und ihre Welt zu öffnen. Gelingt es ihr, sich von ihrer Mutter zu lösen und einen Schritt in die Zukunft zu wagen?”

( Quelle Picus Verlag )

Meine Meinung:

Ich habe in letzter Zeit so einige “schwierige” Bücher gelesen, soll heißen, Bücher mit schwierigen Themen und ein solches ist definitiv auch “Henriette lächelt”!

Mich hat das Cover sofort angesprochen! Dieses ja doch recht schlichte, aber dennoch schöne Design mit den Margariten, dazu der sympathische Titel. Der Klappentext wiederum suggerierte aber eher Melancholie, Tristesse… Somit war ich dann doch sehr gespannt, was mich während des Lesens erwartete!…

Was mir nach wenigen Sätzen bereits auffiel, war, dass sich die Autorin Andrea Heinisch eines ganz besonderen Schreibstils bemächtigte: Kurze Sätze. Erzählung in der 3. Person. Indirekte Rede. Kein drumherum Reden. Generell mag ich es, wenn sich Autoren und Autorinnen schreibtechnisch etwas einfallen, um aus der Menge hervor zu stechen. Auch hier fand ich das Geschriebene originell, aber etwas anstrengend zu lesen! Ich musste quasi auch jedes einzelne Wort lesen, da ich sonst den Sinn des Satzes, des Absatzes nicht richtig verstand.

Um ehrlich zu sein, es ödete mich immer mehr an! Auch inhaltlich wusste ich nicht bestimmt, worauf es hinaus laufen sollte; vorstellen konnte ich mir mehrere Szenarien. Bei Henriette dreht sich alles um Essen! Zu jeder Zeit! Und natürlich um die Begleiterscheinungen, die dieses ständige Nachdenken über die nächste Mahlzeit mit sich bringt. So kommt Henriette fast nicht mehr in die Dusche mit ihren 190 kg. Putzen kann sie auch nicht mehr richtig, da ihr das Bücken schwerfällt. Aus diesem Grunde trägt sie auch nur Pantoffeln. Wäre nicht Henriettes Mutter, die sie immerzu triezt, ich glaube, Henriette würde noch nicht mal merken, dass sie dringend etwas ändern sollte!…

Allerdings liegt hier auch die Krux: Henriettes Mutter! Sie wohnt in der Wohnung über ihrer 50-Jährigen Tochter, besitzt selbstverständlich einen Schlüssel zu deren Wohnung und behandelt Henriette, als wäre sie ein unmündiges Kleinkind! Eine klassische toxische Beziehung, würd ich mal meinen! Dass sie bei ihren Freundinnen auch noch über ihre Tochter herzieht- geschenkt!

Aber plötzlich verändert sich etwas! Nicht nur in Henriettes Umfeld, auch mit Henriette selbst passiert etwas! Und das macht sich auch im Schreibstil und im Tempo des Romans bemerkbar:

Die Satzkonstruktionen verändern sich. Sie werden länger, lebendiger! Es ist, als ob sich die Autorin plötzlich neuer Wörter bedient! Und mit der Wandlung der Sätze, setzt auch eine Wandlung bei Henriette ein! Oder umgekehrt? Wer weiß! 😉

Jedenfalls nimmt dadurch die Geschichte an Fahrt auf und es kommen Dinge an die Oberfläche, die lange am Grund eines dunkeln Sees lagen! Und nach und nach wird dem Leser klar, wie es zu Henriettes Fettleibigkeit gekommen ist, dass das ständige Essen ihr Anker war, der ihr Halt gab.

Und am Ende des Buches muss ich sagen, war die Geschichte um Henriette überhaupt nicht öde und dröge, sondern gewaltig! Und schon irgendwie traurig! Aber auch schön! 🙂 Und so fand ich es gerade bezaubernd, dass der Titel des Buches die Überschrift des letzten Kapitels im Buch trägt: “Henriette lächelt!”

Das Buch hat mich überrascht! Positiv überrascht! 🙂 Und obwohl es nur knapp 200 Seiten hat, also recht schmal ist, so beinhaltet es doch so viel Gewicht, Kraft und Lebenswillen!

(…)”Ohne jede Vorankündigung, ohne eine einzige Vorwarnung, ohne einen Plan gefasst oder auch nur einen Gedanken, der darauf hingedeutet hätte, gehabt zu haben, denkt Henriette, dass es ihr jetzt reicht. Es reicht, sagt sie. Sie sagt es nicht besonders laut, aber bestimmt. Sehr bestimmt. Es klingt wie ein Befehl.” (…)

Ich habe mich sehr über die Entwicklung von Henriette gefreut, über all die Menschen, die in ihr Leben getreten sind und sie vor allen Dingen so angenommen haben wie sie ist! Wie sie WIRKLICH ist! Denn Henriette ist mehr als ihre 190 kg, sie ist ein intelligenter und liebenswürdiger Mensch, die sich auch über kleine Dinge freuen kann und sei es nur Platanen vorm Fenster…

Von mir bekommt Andrea Heinischs Buch “Henriette lächelt” daher

4 !!! 🙂

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Über die Autorin:

“Andrea Heinisch wurde 1959 in Wien geboren, wo sie auch aufwuchs. Matura in Tirol, Studium der Germanistik und Geschichte in Salzburg. Einige Jahre Lehrtätigkeit am Lycée français de Vienne. Lebt und schreibt in Wien und im Waldviertel.”

( Quelle Picus Verlag )

“Henriette lächelt” von Andrea Heinisch

Ein Roman erschienen beim Picus Verlag am 13.09.2023

ISBN 978-3711721426

208 Seiten

Gebunden, bedrucktes Leinen

Auch als ebook erhältlich

www.picus.at

“Henriette lächelt” von Andrea Heinisch wurde mir von der Agentur Buchcontact als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte jedoch keine Auswirkung auf meine Meinung und Bewertung!

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