“Vater und ich”

Rezension 175

“Vater und ich” von Dilek Güngör

Worum geht es?

Copyright Verbrecher Verlag

“Als Ipek für ein verlängertes Wochenende ihren Vater besucht, weiß sie, dass er auf dem Bahnhofsplatz im Auto auf sie warten und sie nicht am Zug empfangen wird. Im Elternhaus angekommen sitzt sie in ihrem früheren Kinderzimmer, hört ihn im Garten, im Haus, beim Teekochen. Die Nähe, die Kind und Vater verbunden hat, ist ihnen mit jedem Jahr ein wenig mehr abhandengekommen, und mit der Nähe die gemeinsame Sprache. Ipek ist Journalistin, sie hat das Fragenstellen gelernt, aber gegenüber dem Schweigen zwischen ihr und dem Vater ist sie ohnmächtig.
Dilek Güngör beschreibt die Annäherung einer Tochter an ihren Vater, der als sogenannter Gastarbeiter in den 70er Jahren aus der Türkei nach Deutschland kam. Sie erzählt von dem Versuch, die Sprachlosigkeit mit Gesten und Handgriffen in der Küche, mit stummem Beieinandersitzen zu überwinden. Ein humorvoller wie rührender Roman über eine Vater-Tochter-Beziehung, mit der sich viele werden identifizieren können.”

( Quelle Klappentext zu “Vater und ich” von Dilek Güngör )

Meine Meinung:

Also, zu aller erst muss ich sagen, dass dieses Buch völlig zu Recht für den Deutschen Buchpreis nominiert war! Leider hat es dann am Ende doch nicht gereicht. Aber es lohnt sich einen Blick auf diese tolle Erzählung zu werfen:

Dilek Güngör lässt ihre Protagonistin Ipek in der Ich-Form erzählen. Aber nicht nur das: es liest sich, als ob Ipek in Gedanken Zwiesprache mit ihrem Vater hält. So eine zärtliche Schreibperspektive ist mir bisher noch nicht begegnet! 🙂 Dadurch schaut man direkt in Ipeks Kopf, nichts bleibt verborgen!

“(…), du räusperst dich, hebst deine Tasse zum Mund, siehst in den Garten hinaus. Immerhin, wir sprechen, wir sitzen nicht stumm beieinander. Du sagst etwas, ich sage etwas. (…)”

( Quelle Zitat aus “Vater und ich” von Dilek Güngör aus dem Verbrecher Verlag )

So geht es die ganze Zeit. Zwischendurch Rückblenden in die Vergangenheit, in eine Zeit, in der Vater und Tochter noch richtig miteinander vertraut waren, noch miteinander gesprochen haben. Jetzt ist da eine große Stille. Aber es ist nicht wirklich still, man kann auch mit Gesten kommunizieren und auch mit dem Nichtgesagten.

Man spürt schon sehr, dass es die Protagonistin bedauert, dass es nicht mehr so eng ist zwischen ihr und ihrem Vater. Sie vermisst das Unbeschwerte, das Lustige! Sie selbst ist in Deutschland aufgewachsen, hat immer zu deutsch gesprochen, sie denkt deutsch, ja, hat sich früher sogar für die türkische Sprache ihrer Eltern geschämt. Und obwohl sie selbst an der Uni einen Türkisch-Kurs absolviert hat, um sprachlich wieder einen Zugang zu ihrem Vater zu finden, gelingt es ihr nicht, diese unsichtbare (sprachliche) Mauer zu überwinden. Wann ist es passiert? Kam es schleichend? Hat sie selbst dazu beigetragen? Welchen Anteil trägt ihr Vater? Können sie sich nochmal annähern? Oder werden sie eines Tages Fremde sein?

Die Problematik wird in dieser Erzählung nicht gelöst, dazu reichen drei Tage natürlich auch nicht aus. Aber es ist auch nicht so, dass Ipek damit hadert. Es/Er ist jetzt so und sie liebt ihren Vater nach wie vor. Er kann nicht aus seiner Haut, sie bedrängt ihn nicht, obwohl ihr viele Fragen auf der Seele brennen. Sie ist dankbar für die Zeit mit ihm. Und am Ende weiß sie eines aber ganz genau: er liebt sie auch:

`Du steigst aus, holst mir den Rucksack aus dem Kofferraum. Hilfst mir beim Aufsetzen.
“Hier, für die Fahrt.”
Du hast mir Trauben eingepackt.´

( Quelle Zitat aus “Vater und ich” von Dilek Güngör aus dem Verbrecher Verlag )

Dieses Buch ist wirklich toll! So viel Inhalt, trotz dessen, dass eigentlich nichts passiert! Man erfährt so einiges, obwohl wenig gesprochen wird. Dieses Buch ist so laut, obgleich es stiller kaum geht! …

Für dieses rührende kleine Buch vergebe ich

5 !!!

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Über die Autorin:

“Dilek Güngör, geboren 1972 in Schwäbisch Gmünd, ist Journalistin und Schriftstellerin. Ihre gesammelten Zeitungskolumnen erschienen in den Bänden »Unter uns« und »Ganz schön deutsch«. 2007 veröffentlichte sie ihren ersten Roman »Das Geheimnis meiner türkischen Großmutter«. 2019 erschien ihr zweiter Roman »Ich bin Özlem« im Verbrecher Verlag. Die Autorin lebt und schreibt in Berlin.”

( Quelle Verbrecher Verlag )

“Vater und ich” von Dilek Güngör

ein Roman erschienen im Verbrecherverlag am 20.07.2021

ISBN 978-3957324924

112 Seiten

Hardcover

auch als ebook erhältlich

www.dilek-guengoer.de

“Vater uns ich” von Dilek Güngör wurde mir vom Verbrecher Verlag als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies hatte jedoch keine Auswirkung auf meine Meinung und Bewertung!

 

 

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