“Lügen über meine Mutter”

Rezension 238

“Lügen über meine Mutter” von Daniela Dröscher

* Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2022 (Shortlist) *

Worum geht es?

Copyright Kiepenheuer & Witsch

” “Lügen über meine Mutter” erzählt von einer Kindheit im Hunsrück der 1980er Jahre, die beherrscht wird von der fixen Idee des Vaters, das Übergewicht seiner Frau wäre verantwortlich für alles, was ihm versagt bleibt: die Beförderung, der soziale Aufstieg, die Anerkennung in der Dorfgemeinschaft. Und zugleich ist es eine Befragung des Geschehens durch die Tochter aus heutiger Perspektive: Was ist damals wirklich passiert, in diesem “Kammerspiel namens Familie”? Und was sagt uns das über die Gesellschaft, die ständig auf uns einwirkt, ob wir wollen oder nicht (…)”

( Quelle Klappentext zu “Lügen über meine Mutter” von Daniela Dröscher )

Meine Meinung:

Dieses Buch habe ich in einer gemeinsamen Aktion von @gemeinsam.mitlesen und dem KiWi-Verlag gewonnen und wurde gemeinssam mit anderen Bloggern in einer Leserunde von @gemeinsam.mitlesen gelesen und besprochen.

Als ich den Klappentext gelesen habe, dachte ich mir, dass das ein ziemlich interessantes Buch sein muss und war sehr froh, ein Exemplar ergattert zu haben. Daniela Dröscher schreibt hier über ihre Erlebnisse mit ihren Eltern, ihren Großeltern, ihrer damaligen Freundin Jessy und wie sie all die Jahre, die Schikanen ihres Vaters der Mutter gegenüber mitbekommen und ertragen hat.

Wir erleben mit Ela – wie Daniela von ihrer Mutter genannt wird – wie ihr Vater auf Teufel komm raus nach außen etwas darzustellen versucht, was zum einen finanziell  kaum zu stemmen war und zum anderen die Familie psychisch belastet und letztendlich zerrüttet. An dem Narzissmus des Vaters geht die Mutter beinahe kaputt, wichtig sind ihm nur das Ansehen des Dorfes und eine vorzeigbare Familie. Die Mutter, die es einfach nicht schafft, abzunehmen, ist somit der Schandfleck auf seiner makellosen Weste.

Hinzukommt, dass auch die Schwiegereltern die Frau ihres Sohnes auch nach Jahren nicht akzeptieren, sie ist ihnen einfach nicht gut genug, schließlich ist sie ja aus Schlesien! Auch ihr Job in einer Lederwarenfabrik wird nicht gutgeheißen. Zu ihren eigenen Eltern hat sie auch ein eher schwieriges Verhältnis, jedoch ist es die Mutter, die später ihre Mutter Ella bei sich zu Hause aufnimmt, als diese anfängt an Demenz zu erkranken. Auch Jessy, eine Freundin und Klassenkameradin von Ela, die gegenüber bei der Schwester der Oma lebt, wird von Elas Mutter aufgenommen, als die alte Bopp in Reha muss. Dazu noch das Baby, Elas Schwester, die eigentlich nicht geplant war…

Elas Mutter ist für ALLE da, macht und tut, hält alles am Laufen und die Finanzen zusammen. Sie stellt sich zurück, komplett! Bis eines Tages eine Krankheit bei ihr diagnostiziert wird und Elas Mutter weiß, so geht es nicht weiter…

Ich könnte noch so, so viel zu diesem Buch schreiben und es analysieren! Es ist so krass, dieses Kleinbürgertum, dieses eingeschränkte Denken in einer Gesellschaft, in der der Gutmensch mehr zählt als ein guter Mensch! Völlig seinem Größenwahn verfallen und mit Hingabe auf seine Frau einzudreschen, ist das, womit der Vater seine eigenen Minderwertigkeitskomplexe kompensiert, um sich groß und stark zu fühlen. Diese verbale Gewaltattacken schmerzen sicherlich mehr als Schläge es jemals könnten.

Und das es Elas – Daniela Dröschers – Mutter dann doch irgendwann gelingt, aus diesem Wahnsinn auszubrechen, dem Ganzen im wahrsten Sinne des Wortes den Riegel vorzuschieben, sei ihr hoch angerechnet!! Sicherlich ist sie nicht frei von Fehlern – wer ist das schon? -, und manche Verhaltensweisen kann ich sogar nachvollziehen! So nach dem Motto “Du hast mir gar nichts zu sagen” und “Es ist MEIN Leben” stehen beide Elternteile ständig und irgendwie in Konkurrenz zueinander, Liebe sucht man da vergebens!…

Zwischen den Kapiteln, in denen uns die kindliche Ela an ihrem Familienleben teilhaben lässt, kommt auch immer mal wieder die erwachsene Daniela zu Wort, die nun aus ihrer Sicht versucht, das Ganze, die Verhaltensweisen und ihre Famile zu erklären und analysieren.

“Lügen über meine Mutter” ist ein großartiges Buch, welches es zurecht auf die Shortlist des diesjährigen Deutschen Buchpreises geschafft hat! Und ich glaube, dass das, was Ela und ihrer Mutter passiert ist, kein Einzelfall ist! So denke ich, wird sich vielleicht jemand in dieser Geschichte sogar wiederfinden oder zumindest gibt es Momente, die dem einen oder anderen bekannt vorkommen!

Mich hat das Buch sehr in seinen Bann gezogen, gerade auch im Hinblick darauf, dass es Biografisch ist. Es war heftig, traurig und beschämend, voller Unverständnis und Kraft, voller Verständnis und Ungläubigkeit; ein Buch, mit jeder Menge Emotion!

Das Buch hat mir sehr gut gefallen, nicht nur die Thematik an sich, sondern auch die Art, wie Daniela Dröscher geschrieben hat, wie sie uns hat mitgenommen in die Welt der 80er, in eine Zeit, wo Steffi Graf das Tennisspielen revolutionierte, wo es noch Werbung für Du Darfst gab und bei  WeightWatchers noch jeder auf die Waage musste! Eine Zeit, in der auch ich selbst Kind war und die mir noch sehr präsent vor Augen ist!

5 !!!

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Über die Autorin:

“Daniela Dröscher, Jahrgang 1977, aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, lebt in Berlin. Sie schreibt Prosa, Essays und Theatertexte. Studium der Germanistik, Philosophie und Anglistik in Trier und London, Promotion im Fach Medienwissenschaft an der Universität Potsdam sowie ein Diplom in »Szenischem Schreiben« an der Universität Graz. Ihr Romandebüt »Die Lichter des George Psalmanazar« erschien 2009 im Berlin Verlag, es folgten der Erzählband »Gloria« und der Roman »Pola« sowie das Memoir »Zeige deine Klasse. Die Geschichte meiner sozialen Herkunft« bei Hoffmann & Campe. Sie wurde u.a. mit dem Anna-Seghers-Preis, dem Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds sowie dem Robert-Gernhardt-Preis (2017) ausgezeichnet. Seit Herbst 2018 ist sie Ministerin im Ministerium für Mitgefühl.”

( Quelle Kiepenheuer & Witsch )

“Lügen über meine Mutter” von Daniela Dröscher

ein Roman erschienen bei Kiepenheuer & Witsch am 18.08.2022

ISBN 978-3462001990

448 Seiten

Gebundene Ausgabe

auch als ebook und Hörbuch erhältlich

www.kiwi-verlag.de

“Lügen über meine Mutter” von Daniela Dröscher habe ich über ein Gewinnspiel als Rezensionsexemplar vom KiWi-Verlag erhalten. Dies hatte jedoch keine Auswirkung auf meine Meinung und Bewertung!

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