„Rom sehen und nicht sterben“

Rezension 460

„Rom sehen und nicht sterben“ von Peter Wawerzinek“

Worum geht es?

Rezension
Copyright Penguin Verlag 7 Penguin Randomhouse

Der Schriftsteller Peter Wawerzinek erhält ein Stipendium an der Villa Massimo in Rom. Er will die Stadt erkunden und Inspiration für neue Texte sammeln, doch seine Pläne geraten durcheinander, als sich die Corona-Pandemie ausbreitet. Die Pandemie schränkt sein Leben ein, seine Technik versagt, und seine bereits geschriebenen Texte verschwinden.

Inmitten dieser äußeren und inneren Unordnung entdeckt Wawerzinek Anzeichen einer ernsten Erkrankung. Kurz darauf erhält er in Berlin von seinem Hausarzt, den er nur Min Skipper nennt, die Diagnose Krebs. Für 9 Tage reist er zurück nach Rom, um seine Angelegenheiten zu regeln. Und dann heißt es leben oder sterben…

Meine Meinung:

Ich bin ehrlich, nach dem Lesen der ersten Seiten dachte ich: Oh Gott, geht es das so jetzt das ganze Buch? Und dann noch ohne Kapitel??  Ich habe tatsächlich kurz gehadert, „Rom sehen und nicht sterben“ weiterzulesen. So ein Schreibstil ist mir bisher noch nie begegnet und ich wusste nicht, halte ich es durch, diesen auf über 200 Seiten zu ertragen?!…

Um euch zu beruhigen: Ja, ich habe durchgehalten! 🙂 Und gerade dieser spezielle Stil und Peter Wawerzineks prosaische Sprache, habe ich regelrecht liebgewonnen und ich bin froh und dankbar, dass ich dieses Buch lesen durfte! 🙂

Wawerzineks Stil ist wirklich unverwechselbar. Er bricht Sätze auf, lässt Satzzeichen aus, verwebt Gedankenfetzen zu einem rhythmischen Sprachfluss, fast schon stakkatoartig! Er gibt ganz gut den inneren Gemütszustand der Erzählerstimme wieder; seine Unruhe, die sich bereits bei der Ankunft in Rom Bahn brach! Seine Sprache ist bildgewaltig und manchmal eruptiv, manchmal zärtlich. In den norddeutschen Einsprengseln (Min Skipper) schimmert Humor durch, in den Wortspielen spürt man Humor und Lebenslust; sogar dort, wo Schmerz lauert. Wawerzinek schafft es, über Krankheit und Angst zu schreiben, ohne in Selbstmitleid zu verfallen. Stattdessen vermittelt er Leichtigkeit und manchmal sogar Komik, die den düsteren Stoff auflockert.

  „Weiß nicht, wo die Kirche mit dem Spiegel gelegen ist. Weiß nicht, wie sie heißt. Halte alles für möglich. Kann sein, ich habe sie nur geträumt, nie wirklich besucht. (…)Musst mir, was ich dir nun anvetraue, abkaufen, es hinnehmen, wie ich es Dir sage. Ohne mein Zutunschneidet sich der Spiegel in mein Flei sch, trennt schmerzlos/herzlos meinen Körper in zwei Hälften. Bekomme Zuwachs. Werde Zwilling. Wohne meiner Aufspaltung bei. (…) Ist nicht Wirrwarr, wovon ich rede. Ist Klarheit. Fühle Wärme und spüre dadurch erst die Kälte. Sind eins dort, wir beide.Bin Du, wie Du ich bist. Wissenbeide, wovon geredet wird, wenn wir zeitgleich schweigen. (…)“

( Quelle „Rom sehen und nicht sterben“, S. 101, Z. 1 ff. )

Das hier ist nur eine Stelle von zahlreichen, die so wunderschön geschrieben ist! Da weiß ich wieder, warum ich unsere Sprache, das Spiel mit ihr, so sehr liebe 🙂 Selbst Schreckliches, Unaussprechliches, bekommt ein geradezu liebevolles Kleid verpasst, mit Rüschen und Tand! 🙂

Aber jetzt mal zum Inhalt der Geschichte:

Im Zentrum des Romans steht Wawrzineks Krebserkrankung, bzw. seine Art, mit dieser Situation ummzugehen. Nämlich sich dem Leben zuzuwenden in all seiner Pracht, selbst wenn der Tod bereits greifbar nah ist! Rom ist dabei mehr als nur ein Schauplatz.  Wo Krankheit und Verlust drohen, zeigt die Stadt ihm Schönheit und Bewegung, die ihn zum Weiterleben drängen. Auch sein Körper spielt eine zentrale Rolle. Die zunehmende Entfremdung von ihm, dieses Fremde in ihm, das Gefühl, dass „der Körper nicht mehr ins Bild passt“, ist der Ausgangspunkt einer tiefen Selbstbegnung. Am Ende gelingt ihm aber beides, Schmerz und Zuversicht, Krankheit und positive Kreativität, in Einklang zu bringen…

„Rom sehen und nicht sterben“ liest sich wie ein literarisches Selbstgespräch, so als ob der Autor eine Postkarte mit langem Text bzw. einen sehr langen Brief verfasst hat. Das Buch verlangt Konzentration beim Lesen, belohnt aber mit Sätzen, die berühren (s.o). 🙂 Diese Mischung aus Poesie, Schmerz und Humor macht „Rom sehen und nicht sterben“ nicht zu einer Geschichte voller Angst im Angesicht des Todes, sondern zu einer Geschichte voller Lebenslust 🙂 Selbst die Liebe findet Einzug und wir alle wissen, Liebe kann Berge versetzen; Mut machen wo Aussichtslosigkeit herrscht. So zeigt sich, dass das Schreiben helfen kann zu verstehen, zu reflektieren, nicht zu verzweifeln, zu hoffen und zu heilen…

 

Von mir bekommt Peter Wawerzineks Roman, der mich erst wahnsinnig gemacht und dann in sein Innerstes gesaugt hat, der mir die Kunst des Schreibens und die Kraft des Überlebenswillens mit einer solchen Wucht um die Ohren gehauen hat 😉

5 / 5 Rezension !!!

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Über den Autor:

„Peter Wawerzinek wurde unter dem Namen Peter Runkel 1954 in Rostock geboren. Er wuchs in verschiedenen Heimen und bei verschiedenen Pflegefamilien auf. Seit 1988 betätigt er sich neben vielem anderen als freier Schriftsteller, Regisseur, Hörspielautor und Sänger. Peter Wawerzinek hat zahlreiche Stipendien und Auszeichnungen erhalten, u.a. Berliner Kritikerpreis für Literatur (1991), Hörspielpreis der Berliner Akademie der Künste (1993), Ingeborg-Bachmann-Preis und den gleichnamigen Publikumspreis (2010), Shortlist Deutscher Buchpreis (2010), Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung (2024).“

( Quelle Penguin.de )

„Rom sehen und nicht sterben“ von Peter Wawerzinek

Ein Roman erschienen im Penguin Verlag / Penguin Randomhouse am 05.09.2025

ISBN 978-3328604051

224 Seiten

Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag

Auch als Ebook und Hörbuch erschienen

www.penguin.de

„Rom sehen und nicht sterben“ wurde mir vom Team Bloggerportal von Penguin Randomhouse als Rezensionsexemplar kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies hatte jedoch keine Auswirkung auf meine Meinung und Bewertung!

„Mord auf dem Königssee“

Rezension 383

„Mord auf dem Königssee“ von Felix Leibrock

Worum geht es?

Copyright Servus Verlag / Benevento Publishing

„So hatten sich die Gäste aus dem Berchtesgadener Land ihren Ausflug aufs Wasser wohl nicht vorgestellt: Statt das herrliche Bergpanorama vom Königssee aus zu genießen, setzen sechs tote Priester in Ruderbooten liegend der Überfahrt ein jähes Ende. „„Mord auf dem Königssee““ weiterlesen

„Die niederländische Kolonialisierung Südafrikas im 17. Jahrhundert“

Die niederländische Kolonialisierung Südafrikas im 17. Jahrhundert

In Anlehnung an das für den Goldenen HOMER nominierte Buch „Die Löwin vom Tafelberg“ von Inès Keerl aus dem Emons Verlag

Karte Kapkolonie 1662 aus dem Buch „Die Löwin vom Tafelberg“ von Inès Keerl, Emons Verlag

Die niederländische Kolonialisierung am Kap der Guten Hoffnung im 17. Jahrhundert begann als strategische Entscheidung der Niederländischen Ostindien-Kompanie (VOC), um eine Versorgungsstation für ihre Handelsschiffe auf dem Weg nach und von Asien zu etablieren. Der Kap bot einen idealen Ort für die Erfrischung und Versorgung der Schiffe mit frischen Lebensmitteln und Wasser.

Am 6. April 1652 landete Jan van Riebeeck mit drei Schiffen der VOC in der Tafelbucht. Van Riebeeck und seine Mannschaft errichteten schnell ein Fort und begannen mit dem Anbau von Gemüse und der Viehzucht, um die ankommenden Schiffe zu versorgen. Von Anfang an jedoch  gab es Spannungen zwischen den niederländischen Siedlern und den einheimischen Khoikhoi. Die Kolonisten benötigten Land und Ressourcen, was oft zu Konflikten führte. Die Khoikhoi, die als Hirtennomaden lebten, waren auf ihre Weideflächen angewiesen und sahen sich durch die niederländische Besiedlung bedroht. Während dieser Kolonisierung wurden die Ureinwohner von den europäischen Siedlern verdrängt und unterdrückt. Viele wurden versklavt oder starben an den Folgen von Krankheiten, die die Europäer einschleppten.

Dennoch förderte die VOC die Ansiedlung von freien Bürgern (Vrijburghers), die Land von der Kompanie pachteten und bewirtschafteten. Diese Siedler produzierten Nahrungsmittel nicht nur für die VOC, sondern auch für den lokalen Markt. Der Weinanbau, initiiert durch die Einführung von Rebstöcken durch van Riebeeck, entwickelte sich zu einer wichtigen wirtschaftlichen Aktivität am Kap.

Die Expansion der Kolonie führte zu weiteren Konflikten mit den einheimischen Völkern. Im Laufe der Zeit erweiterten die Siedler ihr Territorium, was zu einer Reihe von Kriegen und Enteignungen führte. Diese Konflikte und die daraus resultierenden Veränderungen hatten tiefgreifende Auswirkungen auf die soziale und wirtschaftliche Struktur der Region.

Die niederländische Kolonialisierung hinterließ ein tiefgreifendes Erbe in Südafrika. Die Einführung von niederländischen Rechtssystemen, Sprachen und religiösen Überzeugungen prägte die Kultur und Gesellschaft des Landes nachhaltig. Auch die Entwicklung von Kapstadt als bedeutendem Hafen und Handelszentrum geht auf diese Zeit zurück.

Dies alles führte zu einem Wandel in der Gesellschaft und Kultur Südafrikas, der bis heute Auswirkungen hat.

Erst 1994 endete mit Nelson Mandela als Präsident in Südafrika das Apartheidsregime…

( Quellen Wikipedia.de, planet-wissen.de, deutschlandfunknova.de )

Hier gelangt ihr zu den anderen Bloggern für den Goldenen HOMER, deren Veröffentlichungs-Timeline und ihr erfahrt, was der Goldene HOMER überhaupt ist! 🙂

 

„Nach den Fähren“

Rezension 344

„Nach den Fähren“ von Thea Mengeler

Worum geht es?

Copyright Wallstein Verlag

„Auf einer vormals beliebten Urlaubsinsel bleiben mit einem Male die Fähren aus und mit ihnen die Urlauber. Das Leben kommt zum Stillstand, die meisten Bewohner verlassen die Insel, nur ein paar wenige harren aus. Hoffend auf eine Rückkehr der Fähren und isoliert voneinander gehen sie den immergleichen Tätigkeiten nach. „„Nach den Fähren““ weiterlesen

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Rezension 283

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Worum geht es?

Copyright Penguin Verlag
“  »Ich habe überlebt. Damit einher geht die Verpflichtung gegenüber den  anderthalb Millionen jüdischen Kindern, die ermordet wurden. Sie können nicht  mehr sprechen. Also spreche ich für sie.«

Tova Friedman ist gerade einmal vier Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter in ein Konzentrationslager deportiert wird, mit sechs kommt sie nach Auschwitz-Birkenau. Was sie dort erlebt, wird sie ein Leben lang prägen: Unsagbares Leid, aber auch unerschütterliche Hoffnung und eine Liebe, deren Kraft Unvorstellbares leistet. Als eine der Wenigsten weiß sie, was es heißt, eine Gaskammer von innen gesehen zu haben und heute darüber berichten zu können. „„Ich war das Mädchen aus Auschwitz““ weiterlesen

„Hundert Himmel“

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Copyright Diederichs Verlag

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